Hintergrund & Legislativ Entwicklung
- Nach Medienberichten schlägt die SPD im Rahmen der geplanten Umsetzung der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie vor, den Online-Rechnungskauf („Rechnungskauf“ / „Kauf jetzt, zahl später“) zu verschärfen.
- Genauer: Verbraucher sollen bei jedem Online-Kauf auf Rechnung künftig schriftlich per Brief bestätigen, dass sie sich des mit dieser Zahlart verbundenen Risikos bewusst sind.
- Die Idee dahinter: Durch den Brief-Bestätigungsprozess („postalische Bestätigung“) soll dem Konsumenten eine Art „Bedenkzeit“ gegeben werden, damit er sich über seine finanzielle Situation klar wird – und so Überschuldung vermieden werden kann.
- Hintergrund für diesen Vorstoß ist laut SPD ein zunehmendes Verschuldungsrisiko: Laut Statistischem Bundesamt haben viele Menschen Schulden bei Online- und Versandhändlern, vor allem junge Menschen seien betroffen.
- Gleichzeitig steht dieser Vorschlag in Verbindung mit dem Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJV) zur Umsetzung der EU-Richtlinie: Klein-Kredite, zinslose Raten, „Buy Now-Pay-Later“-Angebote sollen künftig stärker reguliert werden.
- Kritiker – vor allem aus dem E-Commerce — warnen jedoch: Eine postalische Bestätigung sei „völlig an der Lebensrealität der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbei“.
- Der Bundesverband E-Commerce & Versandhandel Deutschland (bevh) befürchtet zudem, dass viele Kunden vom Rechnungskauf absehen, wenn eine solche Hürde eingeführt wird, was auch zu Lasten des Handels ginge.
- Eine weitere rechtliche Komplikation: Es ist umstritten, wie der Rechnungskauf künftig im neuen nationalen Recht eingeordnet wird — ob er ganz oder teilweise als „Kredit“ behandelt wird.
- Laut einem Gutachten (verlinkt in Bundestags-Lobbyregistern) wird argumentiert, dass Rechnungskauf nicht mit klassischen Krediten gleichzusetzen sei – und eine vollständige Einordnung unter das Kreditrecht rechtlich problematisch sein könnte.
Bedeutung & Implikationen für den E-Commerce
Verbraucherschutz vs. Bürokratie
Der Vorschlag stärkt den Verbraucherschutz: Mehr Nachdenken, weniger Impulskäufe, weniger Schulden. Aber er bringt auch zusätzlichen Verwaltungsaufwand – für Händler (Mehr Briefverkehr, Verifizierung) und vielleicht auch für Verbraucher (Wartezeit).
- Wettbewerb der Zahlungsarten
Falls der Rechnungskauf weniger attraktiv oder praktikabel wird, könnten Verbraucher verstärkt auf andere Zahlungsarten ausweichen – z. B. Kreditkarten, Ratenzahlungen oder BNPL-Angebote. Das könnte das Zahlungsverhalten im Onlinehandel nachhaltig verändern. - Kosten für Händler
Händler, insbesondere kleinere, könnten durch den zusätzlichen Aufwand bei der Bestätigung höhere Kosten haben. Dies könnte Margen drücken oder es weniger attraktiv machen, den Rechnungskauf anzubieten. - Verzögerungen beim Kaufabschluss
Wenn Kunden erst einen Brief erhalten und zurücksenden müssen, bevor der Kauf definitiv abgeschlossen wird, kann das den Checkout-Prozess verlangsamen. Das könnte Conversion-Raten negativ beeinflussen. - Langfristige Verschuldungsprävention
Auf der positiven Seite: Der Mechanismus könnte langfristig helfen, das Risiko von Überschuldung durch unbedachte Online-Einkäufe zu senken. Gerade bei jungen Kund*innen, die unter den steigenden Schulden durch „Buy Now, Pay Later“-Modelle leiden, könnte das eine wichtige Schutzmaßnahme sein. - Regulatorische Unsicherheit
Da der Gesetzesentwurf noch nicht endgültig beschlossen ist, besteht Unsicherheit: Händler müssen strategisch planen, aber die Rahmenbedingungen könnten sich noch ändern. Zudem ist unklar, wie streng die Bestätigungspflicht ausgestaltet wird.
